THERAPIE DER SKOLIOSE
Die seitliche Verkrümmung mit gleichzeitiger Verdrehung der Wirbelsäule kann den Bereich der Brustwirbelsäule, der Lendenwirbelsäule oder den Übergang dieser beiden Abschnitte betreffen. Eine Skoliose löst nur selten Beschwerden aus. Manche Jugendliche berichten über Rückenschmerzen oder Verspannungen im Schulterbereich.
Es werden drei Altersgruppen bei der Skoliose unterschieden und auch dementsprechend individuell behandelt:
- infantile Skoliose (0 bis 3 Jahre),
- juvenile Skoliose (4 bis 10 Jahre),
- adoleszente Skoliose (>11 Jahre).
In unserer Schwerpunktpraxis für Wirbelsäulenerkrankungen behandeln wir hauptsächlich die adoleszenten Skoliosen und die im höheren Lebensalter entstehende degenerative Skoliose.
Etwa 90 Prozent aller Skoliosen sind idiopathisch, man weiß also nicht, wieso sie entstehen. Bei den restlichen zehn Prozent – den sekundären Skoliosen – kommen verschiedene Ursachen in Frage, die zu einer Wirbelsäulenverkrümmung führen.
Mädchen sind häufiger betroffen als Jungs.
Leider wird gerade in den wichtigen Wachstumsphasen (Mädchen ca. ab dem 11. Lebensjahr und Jungs ab ca. dem 12. Lebensjahr) der Kinder eine Skoliose übersehen was später eine Behandlung erschweren kann.
Wie kann ich sehen ob mein Kind eine Skoliose hat?
Natürlich sollte eine genaue Diagnosestellung durch den Facharzt erfolgen. Aber es gibt allerdings ein paar sehr hilfreiche Hinweise:
Der Adams Vorbeuge-Test ist die sicherste Methode um eine Skoliose klinisch zu erkennen:
- Die Knie müssen gestreckt sein und die Hände unterhalb der Knie zusammengeführt werden.
- Erkennen Sie eine Asymmetrie (Buckel-Rippenbuckel) im Brustwirbelsäulen-Bereich? (Rippen, Schulterblatt)
- Sind Asymmetrien in der Taille oder dem Becken zu erkennen? (Erhöhung und gegenüberliegende Vertiefung)
Eine leichte Skoliose muss nicht unbedingt behandelt, aber regelmäßig kontrolliert werden. Mittelstarke Skoliosen werden oft mit einem orthopädischen Korsett behandelt. Eine Operation ist nur bei einer sehr starken Skoliose nötig. Sport und Bewegung sind sinnvoll, um die Rückenmuskulatur zu stärken.
In welchem alter ist mein Kind besonders gefährdet?
Das kindliche Wachstum kann in drei Phasen eingeteilt werden. Etwa bis zum 5. Lebensjahr zeigt sich ein schnelles kindliches Wachstum. Diesem schnellen Wachstum schließt sich ein stetiges langsames Wachstum. Es folgt der (prä)pubertäre Wachstumsschub ab dem 11. Lebensjahr bei Mädchen und dem 13. Lebensjahr bei Jungen. Während dieses Wachstumsschubes vergrößert sich die Rumpflänge doppelt so viel wie die Beinlänge. Dieser entscheidende pubertäre Wachstumsschub wird in eine Phase mit zunehmender (Akzelerationsphase) und eine Phase mit abnehmender Wachstumsgeschwindigkeit unterteilt. Das erste Zeichen für den Pubertätsbeginn ist eine Zunahme der Wachstumsgeschwindigkeit auf mehr als 0,5 cm pro Monat oder 6 cm pro Jahr. Die Hauptzunahme der Skoliose findet in der sog. Akzelerationsphase statt und sollte engmaschig alle 6 Monate klinisch und ggf. auch radiologisch kontrolliert werden.
Wann sollten radiologische Kontrollen bei meinem Kind erfolgen?
Zur radiologischen Erstdiagnostik und bei Progression der Skoliose sollten a.-p. und seitliche Wirbelsäulenganzaufnahmen im Stehen durchgeführt werden. Röntgenbilder, auf denen nur Abschnitte der Wirbelsäule einzusehen sind, sollten unbedingt vermieden werden.
Wir empfehlen hier die klinische Verlaufskontrolle alle 6 Monate, sowie die radiologische Verlaufskontrolle alle 12 Monate. Bei klinischem Hinweis auf Verschlechterung sowie während der Phase des schnellen pubertären Wachstums empfehlen wir die 6-monatige radiologische Verlaufskontrolle.
Wann reicht Physiotherapie aus und welche Art der Therapie wird empfohlen?
Skoliosen mit einem Cobb-Winkel von weniger als 20° werden konservativ mit spezieller Physiotherapie z. B. nach Schroth und sportlicher Aktivität behandelt. Ein mehrwöchiger stationärer Physiotherapieaufenthalt nach Schroth hat im Vergleich zu ambulanten Therapien in Studien deutlich bessere Ergebnisse gezeigt.
Ab wann sollte ein Korsett getragen werden?
Ziel der konservativen Skoliosetherapie ist es, eine Progression der Skoliose im Wachstum auf zuhalten und die Notwendigkeit einer späteren operative Korrekturspondylodese zu verhindern
Skoliosen mit einem Cobb-Winkel ab 20° werden bis zum Wachstumsabschluss mit einem sog. Chênau-Korsett und Physiotherapie behandelt. Es basiert auf 3-Punkte-Systemen, die der Wirbelsäulenverkrümmung entgegenwirken. Expansionsräume im Korsett bieten dabei einen definierten Ausweichraum für die zu verschiebenden asymmetrischen Körpervolumina des Körperstamms.
Ein Korsett kann eine Skoliose nicht immer korrigieren. Manchmal verhindert es auch nur eine Verschlechterung der Verkrümmung. Das Korsett sollte mindesten 22 Stunden am Tag getragen werden.
Ab wann kann/sollte operiert werde?
Während des Wachstums stellt die konservative Korsetttherapie grundsätzlich die Therapie der Wahl dar. Die operative Therapie bleibt Patienten mit starkem Voranschreiten der Skoliose, unter konservativer Korsetttherapie und Cobb-Winkeln größer 45° bei Thorakalskoliosen bzw. Cobb- Winkeln größer 35° bei Lumbalskoliosen, vorbehalten. Bei diesen Patienten ist auch nach Wachstumsabschluss ohne operative Versorgung von einer weiteren Verschlechterung der Skoliose auszugehen.
Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Operationstechniken:
- Mitwachsende Systeme die nach dem Wachstumsabschluss wieder entfernt werden können
- Endgültige operative Therapie mittels einer dorsalen Korrekturspondylodese
Welches Verfahren zu Anwendung kommt ist individuell verschieden und hängt von Alter, Ausprägung und Vorschreiten der Skoliose ab. Wir diskutieren mit Ihnen und Ihren Kindern gerne alle Verfahren ausführlich. Auf Nachfrage, könne wir Ihnen spezielle operative Skoliose-Zentren empfehlen.
Ein Orthopäde oder Kinderarzt hat bereits eine Skoliose diagnostiziert. Was benötigen wir?
Sollte bereits ein anderer Facharzt eine Skoliose bei Ihrem Kind sicher diagnostiziert haben. Wäre es von Vorteil, wenn Sie eine aktuelle Wirbelsäulenganzaufnahme im Stand mitbringen würden. Sollten es noch weitere Bilder geben wie ein MRT der Wirbelsäule würden wir Sie bitten, diese ebenfalls mitzubringen. Sollten Sie noch keine radiologischen Befunde haben, ist das auch nicht schlimm. Wir stellen Ihnen dann gerne die passende Überweisung aus und vereinbaren mit Ihnen einen Folgetermin.